Endlich beginnt der Frühling – auch der kalendarische, denn phänologisch gesehen sind wir schon längst mitten im Vorfrühling. Was es mit diesen zehn phänologischen Jahreszeiten auf sich hat, welche Kräuter-Geschenke Wald und Flur jetzt für uns bereithalten und wie man sie kulinarisch zubereiten kann, darüber habe ich mit der Leipziger Kräuterfrau Sylke Maltitz gesprochen.
Dies ist ein Audio-Beitrag, der am 20.03.21 bei MDR Kultur gesendet wurde. Aus rechtlichen Gründen hier nicht das Audio, sondern nur das Manuskript.
Die kalendarischen Jahreszeiten sind uns allen vertraut. Die kundige Gärtnerin orientiert sich bei ihren anstehenden Arbeiten allerdings eher an den zehn phänologischen Jahreszeiten. Die sind unabhängig vom Kalender, sondern richten sich nach den Erscheinungen, den „Phänomenen“ in der Natur. So werden etwa die Rosen erst geschnitten, wenn sich die gelben Forsythienblätter öffnen. Was sich ursprünglich aus alten Bauernregeln abgeleitet hat, wird heute auch für die Klimaforschung oder den Polleninformationsdienst für Allergiker verwendet. Die Kräuterkundige Sylke Maltitz weiß mehr:
O-Ton Sylke Maltitz: „Die phänologischen Jahreszeiten sind danach eingeteilt, wann welche Erscheinungen in der Natur zu sehen sind und das ist regional natürlich ganz unterschiedlich. Also wenn bei uns jetzt gleich die Forsythie anfängt zu blühen und anzeigt, dass wir uns sozusagen auf den Erstfrühling hinbewegen, dann muss das im Gebirge noch längst nicht so sein“
Gerade vollzieht sich vor unseren Augen der Übergang vom Vorfrühling zum Erstfrühling, danach kommt der Vollfrühling. Festmachen kann man das an ganz bestimmten Zeigerpflanzen.
O-Ton: „Zum Vorfrühling ist die Zeigerpflanze die Haselnuss, und zwar das blühende männliche Kätzchen. Wenn das anfängt zu stauben, dann sind wir so richtig im Vorfrühling. Die Schneeglöckchen gehören dazu als Zeigerpflanze oder die Märzenbecher, die blühen zur gleichen Zeit. Zeigerpflanze für den Erstfrühling ist die Forsythie, oder Forsythia genannt“
Uns steht jedoch heute der Sinn nicht nach optischen, sondern nach kulinarischen Genüssen. Und so begeben wir uns in den Wald, um eine Handvoll Wildpflanzen für eine Kräuter-Frittata zu sammeln. Als erstes begegnet uns eine Pflanze, über die die meisten Gärtner fluchen, weil sie sich so rasant verbreitet: Der Giersch. Dabei kann man den Giersch in der Küche vielfältig verwenden. Auch als eine Art Ersatzpetersilie, denn er hat einen ähnlich würzigen Geschmack.
O-Ton: „Den Giersch erkennt man ganz grob gesagt an der Zahl drei. Das allerwichtigste Merkmal ist: Wenn man den Stengel zwischen die Finger nimmt und so ein bisschen dreht, merkt man, dass der dreikantig ist. Das zweite Merkmal ist, dass auch das Blatt die Zahl drei enthält. Es ist dreigeteilt, wobei die einzelnen Blätter auch nochmal dreigeteilt sind. Jetzt finden wir ihn in seiner schönsten Form, denn er ist ganz zart und ganz mild. Und er ist neben der Brennnessel eines unserer ältesten Wildgemüse.“
Die jungen Triebe der Brennnessel wandern unterwegs auch noch in unser Körbchen. Die Brennhaare werden beim Backen unserer Frittata unschädlich gemacht. Dazu einige Blätter Bärlauch.
O-Ton: „Hier haben wir einen ganz hübschen Teppich von der Vogelmiere. Das ist kein typischer Frühlingserstanzeiger, denn die Vogelmiere ist übers ganze Jahr zu finden. Sie ist ein ganz vitaminreiches Kraut, ein zartes Kraut. Schmeckt gut, ganz mild, nach Mais oder Erbse würden manche sagen.“
Zurück in ihrer Kräuterküche schneidet Sylke Maltitz Giersch, Brennnessel, Vogelmiere und Bärlauch klein und verquirlt die Eier für die Frittata.
O-Ton: „So, die Butter fängt langsam an zu schmelzen…Ich gebe zuerst die Kräuter in die Pfanne und zwar alle geschnittenen Kräuter, lasse die einen ganz kleinen Moment andünsten. Wer möchte kann natürlich seine Frittata auch noch aufpeppen, indem er Knoblauch klein schneidet oder Zwiebel oder Frühlingszwiebel. Und die erst mal andünstet und dann die Kräuter dazugibt. Aber ich mags gerne einfach pur, um auch wirklich den Geschmack zu haben… so das sollte genügen. Ich gebe jetzt die verquirlten Eier dazu und lasse das Ganze einfach stocken.“
Auf dem Tisch liegen bereits ofenfrisches Brot und Butter als Begleitung zu unserer Wildkräuterfrittata. Diese würzige Köstlichkeit sorgt gleichzeitig für eine milde Entgiftung des Körpers, so dass wir gereinigt und kraftvoll ins neue phänologische Jahr starten können.
Kontakt:
Wildkräuterführungen von Sylke Maltitz in Leipzig