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Ernährung

Buchbesprechung „Selbermachen – Das Kochbuch“ von James Strawbridge

Einen nachhaltigen Lebensstil zu pflegen ist für viele Menschen mittlerweile ein erstrebenswertes Ziel. Auf dem Weg dorthin bekommen wir immer mehr Unterstützung: von Ratgebern, Internet-Plattformen, Blogs, Lifestyle-Coaches uvm. Viele Anbieter springen wohl einfach nur auf einen Zug auf, der ihnen Erfolg und hohe Klickzahlen bringen soll. Bei denen, die es ernst meinen mit Nachhaltigkeit, Achtsamkeit und einem selbstbestimmten Leben spürt der aufmerksame Beobachter dann aber doch eine gewisse Ernsthaftigkeit und Tiefe, die er anderswo vermisst. Ein solches Buch habe ich unter den aktuellen Kochbüchern entdeckt: „Selbermachen – Das Kochbuch“ von James Strawbridge.

Dies ist ein Audio-Beitrag, der heute bei MDR Kultur gesendet wurde. Aus rechtlichen Gründen hier nicht das Audio, sondern nur das Manuskript.

 

Bilder von stylisch fotografierten Gerichten, stimmungsvolles Ambiente mit handgemachten Töpferwaren, attraktive Menschen vor pittoreskem Hintergrund – der Charme moderner, kulinarischer Bücher scheint überall gleich zu sein. Sie vermitteln Foodie-Wissen gepaart mit dem entsprechenden Lifestyle und zeigen uns eine Welt der Gastlichkeit mit Wohlfühlfaktor. Nicht anders ist es in dem jüngsten Buch von James Strawbridge, britischer Koch,  „Selbstversorger-Pionier“ und „Nachhaltigkeits-Experte“, so preist ihn sein Verlag an. Und doch umgibt ihn eine Aura der Glaubwürdigkeit. Wir erleben einen passionierten Sammler, neugierigen Schüler und leidenschaftlichen Freiluft-Koch bei der gemeinsamen Arbeit mit befreundeten Bäckern, Schnapsbrennern oder Pökelmeistern.

Zitat: „Ich lebe in Cornwall in Küstennähe und habe deshalb das Glück, Moorlandschaften, Wälder und Meer mit ihren Schätzen vor der Nase zu haben. Ich wette, dass auch dort, wo Sie leben, die Natur vieles kostenlos zu bieten hat. Ich sammle zum Beispiel Beeren, Früchte, Algen, Nüsse und Blätter an Küstenwegen und auf Feldern, und es fasziniert mich immer wieder, wie unverfälscht und intensiv die Aromen sein können“.

Der 37-jährige Buchautor stammt aus einer Familie, die sich seit Jahrzehnten für verschiedene Umweltprojekte und ein nachhaltiges Leben engagiert. Sein Vater Dick hat seine Farm in einen Selbstversorgerhof umgewandelt und begeistert mit seinen Ideen von einem autarken Leben viele Fernsehzuschauer. Und so hat Sohn James schon früh ein umweltgerechteres Leben mit selbstgemachten Produkten angestrebt. Seine Suche nach alten Verarbeitungstechniken hat ihn in regionale Manufakturen geführt. Seine Leidenschaft gilt dabei den lokalen und saisonalen Produkten und wie man sie haltbar machen kann.

Zitat: „Wenn Sie das Selbermachen von Lebensmitteln ausprobieren wollen, suchen Sie nach einem lokalen Foodie-Netzwerk. Gehen Sie auf Wochenmärkte. Unterhalten Sie sich mit anderen ambitionierten Köchen, Produzenten oder älteren Generationen, um mehr darüber zu erfahren, wie Lebensmittel mit Geduld und Aufmerksamkeit fürs Detail hergestellt werden“.

Auf 250 Seiten erfährt man, wie man Milch in aromatischen Käse, Weizen in duftendes Brot und Trauben in köstlichen Landwein verwandelt. Der Autor stellt bekannte Techniken wie Gemüse sauer einlegen, Marmelade machen, Schnaps ansetzen oder das Dörren und Trocknen vor. Man kann aber auch Ausgefallenes lernen, wie das Herstellen von Biltong, Fruchtcurds oder Flammlachs sowie ursprüngliche Zubereitungstechniken wie Kochen am Lagerfeuer oder Räuchern.  Ergänzt werden die Verarbeitungstechniken von Tipps zum kreativ werden. Zum Beispiel das Aromatisieren von Butter. Dabei lässt man ein Stück Butter – ob nun selbst hergestellt oder gekauft – eine Stunde weich werden. Dann kann man sie mit verschiedensten Aromen verfeinern.

Zitat: „Für den Anfang eignen sich Knoblauch und Petersilie; Räuchersalz und Chili; Limette und Koriandergrün… Oder bevorzugen Sie ungewöhnliche Kombis? Sardellenbutter zu Lamm… oder Bacon-Zimt-Butter auf French Toast“

Nach dem Aromatisieren wird die Butter auf ein Stück Backpapier gegeben und zu einer Rolle geformt. Anschließend werden die Enden zusammengedreht.

Während so manch anderes Kochbuch schnell in Überforderung mündet, bekommt man hier sofort Lust zum Selbermachen. Der Autor vermittelt spielerisch seine Freude an natürlichen Zutaten, an handgemachten Produkten, am gemeinsamen Zubereiten und Essen. Das Buch rückt ins Bewusstsein, wie vorgeformt unser kulinarisches Erleben und damit unser Geschmack doch ist. Denn selbst wenn wir die Finger von Fertigprodukten lassen, so sind doch die meisten unserer Lebensmittel wie Käse, Brot oder Joghurt von fremden Händen produziert. Wer mehr und mehr zum Selbstversorger wird, eröffnet sich nicht nur überraschende Aromen, sondern auch wieder mehr kulinarische Kreativität und ein gesünderes Leben.

Zitat: „Für mich sind diese traditionellen Techniken auch ein gutes Mittel zur Entschleunigung. Man fährt automatisch einen Gang runter und kann den Zutaten und den Menschen um sich herum mehr Aufmerksamkeit schenken“.

Am Ende stellt sich die überraschende Erkenntnis ein, dass sich vieles relativ leicht selbst herstellen lässt. Die wichtigsten Zutaten der eigenen Manufaktur sind: Zeit, Geduld und Wertschätzung.

 

Tipp:

James Strawbridge

Selbermachen – Das Kochbuch

256 Seiten, DK Verlag (Dorling Kindersley), 24,95 Euro.

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