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Ernährung

Heilpflanze des Jahres: Die Brennnessel

Wenn eine Pflanze den Titel „Heilpflanze des Jahres“ besonders verdient hat, dann ist es die Brennnessel! 2022 ist die Wahl des Vereins NHV Theophrastus auf diese wundervolle Pflanze gefallen, die leider bei den meisten Menschen sehr unbeliebt ist. Im Garten scheint sie nur zu stören und auch auf Wiesen und an Wegrändern scheut man die Begegnung mit ihr. Völlig zu Unrecht, wie ich finde.

Dies ist ein Audio-Beitrag, der Anfang Januar bei MDR Kultur Das Radio gesendet wurde. Aus rechtlichen Gründen veröffentliche ich hier nicht das Audio, sondern nur das Manuskript.

 

Im Volksglauben galt die Brennnessel schon immer als eine Pflanze voller Magie. Hans Christian Andersen gab ihr in seinem Märchen „Die wilden Schwäne“ eine zentrale Rolle. Darin muss eine Prinzessin mit bloßen Händen Brennnesseln pflücken, daraus Garn spinnen und Hemden nähen. Nur so kann sie ihre Brüder erlösen, die von der bösen Stiefmutter in Schwäne verwandelt worden sind. Und tatsächlich wurde bereits in der Antike aus Nesseln feinstes Tuch hergestellt.

Wollen wir die Heilkraft der Pflanze nutzen, müssen wir wie die Prinzessin den Mut aufbringen, sie zu pflücken und eventuell dabei Schmerzen erleiden – oder aber Handschuhe anziehen. Es lohnt sich allemal, denn was früher im magischen Gewand daherkam, wird heute von der Wissenschaft bestätigt: Die Brennnessel „Urtica dioica“ ist eine außergewöhnlich heilkräftige Pflanze, wie der Autor diverser Wildpflanzenbücher Dr. Markus Strauß weiß:

O-Ton: „Brennnesseln sind deswegen so besonders, weil sie einen ganz hohen Anteil an Vitamin C bieten. Über 300 mg pro 100 g Frischpflanze. Das ist richtig viel!“

Für den Wildpflanzenexperten ist sie ein wahres Kraftpaket. Mit ihrem hohen Vitamin-C-Gehalt powert sie unser Immunsystem hoch. Sie regt den Stoffwechsel an und hilft bei Entzündungen und Schmerzen wie etwa bei rheumatischen Erkrankungen oder Harnwegsinfekten. Das Geheimnis ihrer enormen Heilkraft liegt außerdem in ihren organisch gebundenen Mineralstoffen wie etwa Kalium und Calcium und vielen weiteren Vitalstoffen. Wer ihre antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften nutzen möchte, kann sich einen Tee aufbrühen oder verwendet sie in der Küche, so wie die Kräuterpädagogin Annett Groh vom Uhlsdorfer Marmelädchen:

O-Ton: „Die Brennnessel hat unheimlich viel Kieselsäure, die wir sonst auch in der Apotheke in Kapselform kaufen. Kieselsäure ist gut für Haut, Haare, Nägel. Sie enthält sehr viele Mineralien wie z.B. Eisen und Kupfer, die wir dringend in der Ernährung brauchen. Sie wirkt blutbildend, entgiftend und entschlackend.“

Um die heilsame Vielfalt nutzen zu können, hat sich Annett Groh im Herbst einen Vorrat an getrockneten Brennnesselsamen zugelegt.

O-Ton: „Die kann man dann in einem luftdicht verschlossenen Gläschen aufbewahren und sich den ganzen Winter über überall drüber streuen. Ob das das Rührei ist, ob das die Butterschnitte ist oder auf dem Salat, in der Gemüsepfanne. Überall sind die Brennnesseln mit drin. Und die Inhaltsstoffe der Brennnessel hat man im Samen auf kleinstem Raume mit im Essen.“

Ebenso wie die Samen haben auch die Triebspitzen einen schönen nussigen Geschmack. Dr. Markus Strauß verwendet sie für Suppen, Spinat oder andere Gemüsegerichte:

O-Ton: „Sie machen z.B. einfach Pellkartoffeln, wie das alle kennen, im Dampf. Und dann geben Sie ganz zum Schluss in die kleingeschnittenen Kartoffeln in der Pfanne pro Person zwei Händevoll Brennnesselspitzen dazu und eine in Öl etwas angeschwitzte Zwiebel. Und dann würzen Sie das Ganze einfach mit ein bisschen Salz, Pfeffer, Muskat. So haben Sie ein ganz köstliches Essen.“

Völlig zu Unrecht sei die Brennnessel immer noch als Unkraut verschrien, bedauert der Theophrastus-Verein.  Dabei ist sie als Vitalstoffquelle für Mensch und Tier ungeheuer wertvoll, so Dr. Markus Strauß:

O-Ton: “Eine Wildpflanze, das sagt ja schon das Wort, die ist wild. D.h. da hilft kein Bauer, kein Gärtner. Die muss sich völlig auf sich gestellt durchs Leben schlagen. Und da braucht sie spezielle Kräfte dazu. Also sie braucht Abwehrstoffe gegen Fressfeinde, das sind z.B. Bitterstoffe und Gerbstoffe. Sie braucht gegen starke UV-Strahlung ganz viele Anthocyane, die die freien Radikale auffangen. Und diese Stoffe produziert die Pflanze erst einmal nur für sich, zum eigenen Schutz. Aber diese Kraft, diese Urkraft überträgt sich auch auf uns, wenn wir das essen. Und das ist einfach eine Riesen Chance!“

Wer die Königin der Heilpflanzen für sich nutzen möchte, kann schon im zeitigen Frühjahr nach den  ersten frischen Trieben Ausschau halten. Dann ist die Heilkraft auch am stärksten.

 

 

Kontakte:

NHV-Theophrastus.de

Dr. Markus Strauss – Offizielle Webpräsenz (dr-strauss.net)

Annett Groh, Kräuterpädagogin, Uhlsdorfer Marmelaedchen in Uhlsdorf bei Chemnitz

www.uhlsdorfer-marmelaedchen.de

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